Freitag, 13. Juni 2014

7 Tage Marokko


PHOTOGRAPHER: Frank Löschke - 7 Tage Marokko

Tag 1:
Hamburg. Es ist 4:00. Morgens! Das Taxi steht schon vor der Tür. Karsten und ich sind spät dran. In der Eile begehe ich auch gleich den ersten Fehler des Tages und sage dem Taxifahrer, dass wir uns beeilen müssen, um den Flieger noch zu bekommen. Der gute Mann gibt also Vollgas. Mit quietschenden Reifen erreichen wir um 4:30 Uhr Hamburg Airport.
Eine freundliche Stewardess übernimmt für uns den Check-in. Ich mag diese Automaten einfach nicht. 

Es scheint, als würde nach dem Stress am Morgen nun alles gut. Die Freude auf die Reise nach Marokko ist groß. So ganz ungetrübt bleibt die Stimmung jedoch nicht lang. Wie es so ist im Flugzeug, man kann sich die Sitznachbarn nicht aussuchen. Schlechte Laune, Übergewicht, kreischende Kids – alles gekrönt von Turbulenzen und einer stark schwankenden Maschine. Wir werden schon ankommen, ist meine Hoffnung.
Und so war es dann auch. Um 8:30 saßen Karsten und ich entspannt in Lissabon bei Kaffee und Snacks im Café Harrods und genossen die kurze Pause bevor es in den nächsten Flieger nach Marrakech ging. Nochmal drei Stunden Flugzeit. Aber das Ziel rückte immer näher – und der zweite Flug war ruhig und ohne erwähnenswerte Zwischenfälle oder Sitznachbarn. 

Um 13:00 Uhr begrüßte uns Marrakech mit Sonne und warmen Temperaturen.



 

Schon der erste Eindruck war absolut positiv. Am Flughafen trafen wir unseren deutschsprachigen Fahrer und seinen Assistenten, die uns auf der 25-minütigen Fahrt zum Hotel in der Medina mit wertvollen Tipps versorgten. Mir war beispielsweise nicht bekannt, dass Marokkaner Geld für Fotos nehmen. 5 Euro sind völlig normal. Einige Menschen leben fast ausschließlich von diesem „Geschäftsmodell“. 

Wir lernten auch, was auf keinen Fall fotografiert werden darf: Militärgebäude, die Polizei, Regierungsgebäude und Frauen. „Man würde beim weiblichen Geschlecht sowieso nur die Augen sehen“, sagte der Fahrer. Mit dem Auto, sollte man die Frauen auch nicht mitnehmen, das wird teuer. Ich lasse das mal alles so stehen. Weiterhin ist es ein „Muss“ die Personen zu fragen, bevor man sie fotografiert. Das machte es natürlich nicht einfach, interessante und echte People-, Portrait- und Reportagefotos zu machen. Egal, man wächst mit seinen Aufgaben. 

Die lehrreiche Taxifahrt führte uns durch enge und verwinkelte Gassen. Die Landschaft ist atemberaubend – der Fahrstil der Marokkaner auch. Vorfahrt hat, wer schneller ist. Augen zu und durch ist das Motto. Die letzten 500 Meter zum Hotel
(Riad) legten wir im Rückwärtsgang zurück. Wenden wäre in der schmalen Gasse nicht möglich gewesen. 



 Die Gassen der Medina

Nach einer kurzen Hotelbesichtigung erkundeten wir die Gassen auf dem Weg in die Medina. (Bild 5) Ein Ausflug, der nicht spurlos an uns vorbei ging. Schnell waren wir umringt von einer Schar Kinder, die sich fotografieren lassen wollten – gegen Geld. Da war es also, das Geschäftsmodell. Es wurde verhandelt und schließlich schossen wir einige Bilder. Uns war jedoch schnell klar, dass wir ohne Umwege zurück ins Riad mussten. Dieser Ausflug war von vielen Erfahrungen und wenig Erfolg gekrönt. Wir überlegten kurz, die Stadt wieder zu verlassen, besannen uns dann aber auf unseren Joker! In weiser Voraussicht buchten wir schon in Deutschland einen Guide, der uns mehr über die Medina, ihre Einwohner und deren Kultur erzählen sollte. Auch eine Stadtführung an die schönsten Plätze, sowie zu einigen Fotomotiven waren inklusive. So verbrachten wir die letzten Stunden in Vorfreude auf den nächsten Tag auf der Dachterrasse des Riads – herrlich!  





Das Hotel/ Riad


Tag 2:
Bereits früh am Morgen des zweiten Tages in Marrakech trafen wir uns mit unserem Guide Mustafa im Riad. Nach einem ausgiebigen Frühstück brachen wir auf. Mustafa war unglaublich motiviert und zeigte uns wunderschöne Plätze und viele alte Handwerker, deren außergewöhnliche Tätigkeiten wir bewundern und fotografieren durften. So liefen wir fünf Stunden durch die abwechslungsreichen Gassen der Medina, vorbei an vielen verarmten Menschen und überfüllten Plätzen, Händlern, die mit uns ins Geschäft kommen wollten und jeder Menge kleiner aber feiner Highlights – für uns und die Kamera.  







Noch immer berauscht von den Eindrücken des Tages, machten Karsten und ich uns am Abend alleine auf den Weg zum „Djamaa al-Fna“, dem Platz der Geköpften.  



Djamaa al-Fna

Es wiederholte sich das Geschehen vom Vortag. Wir wurden angesprochen, man verlangte Geld für Fotos und bedrängte uns teilweise sogar. Bei all der Frustration darf man nicht vergessen, dass die Touristen zu einem Großteil verantwortlich sind für diese Situation. Ich würde lieber etwas spenden und in die Bildung und Zukunft der Menschen in der Medina investieren, als hier und da ein paar Dollar für „Dienstleistungen“ abzudrücken. Als Fotograf kommt natürlich noch hinzu, dass mir so die Chance auf einzigartige Motive verwehrt bleiben. Es ist beinahe unmöglich, das Leben in der Medina realistisch abzubilden. Als später auch noch Wolken den Himmel bedeckten, entschieden wir uns abermals zum Rückzug. Es war ein Tag mit zwei Gesichtern und vielen Eindrücken.

Tag 3:
Ein süßes marokkanisches Frühstück auf der Dachterrasse des Riads. 


 marokkanisches Frühstück

Dazu Sonne und die Aussicht auf einen weiteren erlebnisreichen Tag mit unserem Guide – so lässt es sich Leben. Gut gestärkt und voller Energie starteten wir also in den dritten Tag unserer Marokko-Reise. 

Immer noch mit dem Ziel unterwegs, möglichst reale Momente und Menschen im Bild festzuhalten, zogen wir durch die Straßen Medinas. Mustafa versuchte alles, um die Marokkaner davon zu überzeugen, sich von uns fotografieren zu lassen. Jedoch meist ohne Erfolg. Das sofortige Abwinken und die Körpersprache signalisierten uns früh: „no photos“. Warum wir nicht einfach fotografiert haben? Zum einen respektieren wir natürlich den Wunsch der Menschen. Wer nicht fotografiert werden möchte, der wird auch nicht fotografiert. Auf der anderen Seite versammelt sich sofort eine Gruppe Menschen um einen, sobald man doch einmal fotografiert. Die engen Gassen werden so noch enger und geradezu bedrohlich. Für uns war daher immer klar, die Menschen immer erst zu fragen – auch auf die Gefahr hin, eine Absage zu erhalten.
Nach einem langen Spaziergang durch die Stadt belohnten wir uns später mit einem Ausflug in den Yves Saint Laurent Garten. Einer der schönsten und beeindruckendsten Kakteen-Gärten Marrakechs.  


Yves Saint Laurent Garten

Nach 25 Minuten hatten wir uns satt gesehen am vielen Grün und traten den Rückweg ins Riad an. Am Abend stand Shopping auf dem Programm. In der alten Medina kauften wir Ledertasche und Silberschmuck. Darüber hinaus fassten wir den Entschluss, am nächsten Tag die Stadt zu verlassen. Drei Tage Marrakech waren beeindruckten, laut, bunt und chaotisch. Weiter geht’s.

Tag 4:
An Tag 4 hieß es also Koffer packen. Das Meer ruft! Mit einem Mercedes Transporter machten wir uns auf den Weg. Die einigermaßen befestigten Straßen führten uns vorbei an sehr vielen Neubauten und Hotels. Aber es gab auch noch ein Stückchen unberührte Natur, die wir unbedingt fotografieren wollten. Die Schlaglöcher in der Straßen machten es schwierig, aber nicht unmöglich. Am meisten sind mir die Ziegen auf dem Baum in Erinnerung geblieben, ein Bild, dass ich so noch nie gesehen habe und bislang auch nicht für möglich gehalten hätte. 



 Ziegen auf dem Baum

Nach 2,5 Stunden Fahrt erblickten wir das Meer. Wobei wir unser Ziel der Reise eher rochen als das wir es sahen. Unzählige Fischverkäufer säumten den Strand und versuchten Touristen an ihre Stände zu locken. Es war laut und stank. Zum Glück ist mein Französisch nicht perfekt und verstand die Händler nicht, wenn sie mir nach einer freundlichen Ablehnung noch ein paar Worte mit auf den Weg gaben. 

Auf Empfehlung unserer Guides kehrten wir in ein kleines Fischlokal ein, aßen Seezunge – frisch vom Kutter auf den Teller – und tranken ein kühles Heineken.
Im Anschluss fuhren wir in unser Hotel mitten im Zentrum der Stadt „Essaouira“. Die Inhaberin führte uns durch die liebevoll und farbenfroh eingerichteten Räume zu unseren Zimmern. 



iebevoll eingerichtetes Hotel 


Nach einer kurzen Pause erkundeten wir die Umgebung auf der Suche nach Fotomotiven. Es sollte sich aber wenig ändern. Für jedes Foto streckten die Menschen ihre Hände aus oder versteckten ihr Gesicht unter Hüten. Es blieb uns nichts anderes übrig, als heimlich aus der Hüfte heraus zu fotografieren. Aber das klappte gut. Für Portraits setzten wir aber doch auf unsere stärkste Waffe: das Teleobjektiv. 

Tag 5:
Am nächsten Tag machten wir uns mit unserem Leihwagen, einem Peugeot 301, auf den Weg in den Touristenort Agadir. Wir durchquerten verarmte Landstriche und begegneten einer Vielzahl an Menschen, die auf ihren Eseln Waren und Gegenstände transportierten.
Karsten ließ viele beeindruckende Motive in einem wahnsinns Tempo vorbei ziehen. Geschwindigkeitsbegrenzungen? Nicht für uns! Oder doch? Ein Polizist winkte uns von der Straße, hielt kurz Smalltalk mit uns und verlangte 30 Euro. Als ich von meiner erfundenen Familie berichtete, eine Frau und drei Kinder, reichten ihm 20 Euro. Wahrscheinlich hätte auch der Wunsch nach einer Quittung für einen Nachlass gereicht, aber das erfuhr ich erst später auf unserer Reise.
Nach einer ansonsten tristen 2,5 stündigen Berg- und Talfahrt sahen wir das Meer am Horizont.  




auf der Fahrt nach Agadir 


Agadir zeigte sich als Kontrastprogramm zur Tristesse. Neue Häuser, gut ausgebaute Straßen, kaum Armut. Der kleine Kulturschock zum Ende der Reise setzte sich auch im Hotel mit sehr modernen Zimmern fort. Damit hatten wir nicht gerechnet. Wir genossen überrascht die Stille, die Sonne und das Meer und ließen uns mit kulinarischen Köstlichkeiten des Landes verwöhnen. Gestärkt und glücklich verabredeten wir uns für den Nächsten Tag am Strand mit einem Marokkaner zu einem Kamel-Ausflug.

Tag 6:
An dem verabredeten Treffpunkt im Zentrum von Agadir warteten die Kamele auf uns. Wir sattelten auf und ritten auf eine Wiese mit einem Häufchen Sand.  


die Kamele 


War das die Wüste? Auf Nachfragen wies man uns auf den spektakulären Ausblick und die Landschaft hin. Aber Wüste? Die war nicht zu sehen. Um das ganze fotografisch irgendwie festzuhalten, suchten wir uns eine Mauer in der Farbe des Wüstensandes. So hatten wir zumindest ein farblich abgestimmtes Bild mit den Kamelen. Im Anschluss machten noch einige Portraitfotos des Kamelführers. Viel Zeit blieb uns allerdings nicht, da die Zeit der Tour bereits verstrichen war und wir zurück mussten.
Wenn auch keine Wüstenbilder, so haben wir dennoch etwas von diesem Ausflug mitgenommen: Erst das Angebot prüfen und im Anschluss bezahlen. Zurück im Hotel ruhten wir uns aus und genossen die Sonne, das Meer und die Vorfreude auf den letzten Tag in Marokko.

Tag 7:
Der letzte Tag stand wieder im Zeichen der Paparazzi. Dieses Mal legten wir uns im Fischereihafen auf die Lauer.  



der Fischereihafen 


So war auf jeden Fall der Plan. Der Geruch des Fisches veranlasste uns jedoch ziemlich schnell dazu, den Ort zu wechseln. Einige wenige Fotos mussten reichen. Immerhin hatten wir bis dahin bereits rund 6.000 Aufnahmen gemacht. Ein wenig Zeit zum Entspannen im Hotel durften wir uns daher wohl gönnen. 

Unser Fazit:
Marrakech zeigte sich uns in all seinen Facetten. Es überzeugte mit einem außergewöhnlichen und angenehmen Klima, einer vielfältigen und farbenfrohen Landschaft, sowie aufgeschlossenen und gastfreundlichen Menschen. Negativ überrascht hat uns die Ablehnung der Fotografie und die damit verbundenen aufdringlichen Geschäftsmodelle und finanziellen Verhandlungen. Eine siebentägige Fotoreise ist völlig ausreichend, um Marrakech zu erkunden. Für reine Urlaubsgäste ist solch eine Reise sicherlich wesentlich entspannter und positiver, da sie mit weniger Abneigung konfrontiert werden. Alles in allem ein interessantes, aber dennoch armes Land, in dem es viel zu entdecken gibt. 

In diesem Sinne: 
Frank Löschke Fotograf aus Hamburg

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